Ausgesprochen: Mark Zuckerberg tut plötzlich so, als würde Facebook seine Verantwortung Ernst nehmen. Ist dem so?

We’ve been working on this problem for a long time and we take this responsibility seriously.

Mark Zuckerberg über den Umgang mit Fake-Nachrichten

Man könnte ja fast froh sein, wenn der Facebook-CEO endlich einsieht, dass der Algorithmus seines Unternehmens einen eklatanten Fehler hat: Er erkennt nicht, was gelogen ist und was wahr. Das ist zugegebenermaßen auch ein komplexes Unterfangen, nicht ganz einfach zu lösen. Nur schien Zuckerberg die Lösung des Problems noch vor kurzer Zeit völlig wurscht zu sein: So sagte der Milliardär noch am 11. November, dass er die Vorstellung Fake-Nachrichten hätten die US-Wahl in irgendeiner Weise beeinflusst für [[ziemlich verrückt]] halte. Nun lässt sich zweifelsohne darüber streiten, wie viele Wähler eines sexistischen Narzissten sich tatsächlich davon beeinflussen lassen, was der Papst wirklich denkt, aber bei knapp einer Million Interaktionen mit einem Artikel zur angeblichen Unterstützung des Papstes braucht es schon eine gewisse Chuzpe zu sagen, es hätte keinerlei Folgen. Man bedenke: Das ist nur einer von vielen Artikeln.

Abgrundtief absurd wird es schließlich, wenn Nils Jacobsen vom Branchendienst Meedia.de, Zuckerberg attestiert [[proaktiv Verbesserungsvorschläge in Aussicht [zu] stellen]]. Vielleicht, ganz eventuell, wäre Zuckerberg noch proaktiv gewesen, wenn er nach der Wahl gesagt hätte: [[Oh, sorry, da haben wir wohl Mist gebaut. Wir kümmern uns drum, dass bei Facebook künftig mehr Wahrheit und weniger Quatsch zu finden ist.]] Aber eigentlich wäre selbst da das Wort [[proaktiv]] schon ein unvergleichlicher Euphemismus, schließlich liegt das Ereignis, das die Fake-News beeinflusst haben sollen ja in der Vergangenheit. Sicher, das heißt keineswegs, dass es jetzt keinen Bedarf mehr dafür gibt, Fake-News zu bekämpfen. Aber wie ich es schon bei Twitter geschrieben habe: Wer glaubt, dass sich Zuckerberg hier proaktiv verhält, der denkt auch, dass 1Live ein Radiosender für seriöse Mittvierziger ist.

Ein Teil der Wahrheit, und das ist durch die jüngste Berichterstattung nur belegt und nicht neu entdeckt: Die Verlage in Deutschland haben auch Ihren Teil dazu beigetragen. So attraktiv Programmatic Advertising, also vereinfacht gesagt die automatisierte Versteigerung und Ausspielung von Online-Werbung, aus wirtschaftlicher Sicht sein mag, so gefährlich ist es, wenn man einfach alles einbuchen lässt, was halt gerade so geht, ohne jegliche Kontrollmöglichkeiten. Aber: Die Verlage arbeiten an diesem Problem, sie zeigen Einsicht und verbuchen erste Erfolge. Mark Zuckerberg hingegen blockt erstmal ab, bis sich dann sogar der noch amtierende US-Präsident meldet und meint, dass das wohl irgendwie blöd wäre.

Als wären aber die Ausführungen Zuckerbergs nicht alleine schon Heuchelei genug, hat er auch noch einen Ansatz parat, der schon beim Thema Hatespeech absolut gar nichts geholfen hat. Ich selbst habe Teils offen rassistische oder mit Todesdrohung versehene Posts gemeldet – und als Antwort bekommen, dass die Gemeinschaftsstandards nicht verletzt seien. Jetzt sollen sich also die Nutzer melden, wenn da was gefälscht ist. Sollte es dabei reichen, dass ein paar Nutzer sagen [[Das ist Fake]], dann ist das Problem aber keineswegs gelöst. Hypothetischer Fall: Was wenn sich 100 Rassisten zusammenfinden und einen Artikel als [[Fake]] melden, der nur sagt, dass Rassisten laut einer wissenschaftlichen Studie absolute Hohlbrote sind? Dann ist es alleine deswegen noch lange kein Fake. Bekommt der Artikel dann trotzdem das entsprechende Label, selbst wenn die Studie existieren sollte?

Immerhin, Herr Zuckerberg hat erkannt tut so, als hätte er erkannt, dass es Not tut an Fake-News ranzugehen. Doch dass Facebook das Problem wirklich Ernst nimmt? Kaum zu glauben. Wie sonst erklärt sich, dass ein paar Studenten das Problem in 36 Stunden quasi gelöst haben und ein Milliarden-Konzern ewig dafür braucht?

Die Reihe [[Ausgesprochen]] setzt sich mit Zitaten auseinander, die so nicht unbedingt in der Öffentlichkeit beleuchtet wurden – aber eigentlich interessant sind.