Das selbsternannte Getränkekollektiv Premium-Cola versucht mit gerechten Bedingungen und ohne Gewinnabsicht erfolgreich zu sein. Das gelingt und ist dennoch die Utopie einer rein gerechtigkeitsorientierten Wirtschaftsordnung.

Jeder achte Deutsche kauft regelmäßig Fair Trade-Produkte, so hat das Frankfurter Zukunftsinstitut herausgefunden. Dass gerecht gehandelte Produkte relevant sind, wird spätestens klar, wenn man sich das Marktvolumen anschaut: 1,16 Milliarden Euro Umsatz wurde laut Statista 2016 mit entsprechenden Produkten hierzulande gemacht, 978 Millionen Euro waren es noch im Vorjahr.

Soziales Unternehmertum mag also im Trend liegen, obwohl aber gerechte Bedingungen für alle geschaffen werden sollen, bleibt die Gewinnmaximierung in aller Regel relevant. Unternehmen wie Premium-Cola sind die Ausnahme. Der Brauseproduzent, der von sich selbst als Getränkekollektiv spricht, rechnet in seinem Produkt ganz bewusst keine Marge mit ein und zahlt angemessene Vergütungen, ohne jegliche schriftliche Fixierung. Obwohl das Unternehmen seit 2001 aktiv ist, so erklärt Gründer Uwe Lübbermann, habe es noch keine Rechtsstreitigkeit gegeben. Einfach, weil der Lieferant weiß, dass er einen gerechten Preis bekommt. Für den Konsumenten bedeutet das: Für sein Getränk bezahlt er das, was für Premium-Cola kostenseitig real anfällt. Lediglich ein Cent Rücklage je Flasche kommt für Unwägbarkeiten hinzu. Sinken die Rohstoffpreise sinkt auch der Endpreis. Wenn der Kunde das Prinzip versteht, so ist sich Lübbermann sicher, dann akzeptiert er auch Preiserhöhungen. So entfernt sich das Unternehmen ein Stück weit von der klassischen Preis-Absatz-Funktion: Durch die einzige Preiserhöhung der Unternehmensgeschichte habe man keinen einzigen Abnehmer verloren, erläutert der Gründer.

Wann ist ein Produkt überhaupt fair?

Premium-Cola versucht in allen Aspekten der Wertkette gerecht zu sein. Grundsätzlich lässt sich allerdings fragen, wem gegenüber Fair Trade wirklich fair ist: Ist es Fairness, wenn die bei der Klamotten-Herstellung beteiligten Menschen gerechte Entlohnung erhalten, aber trotzdem Raubbau an Baumwollplantagen betrieben wird? Ist es Fairness, wenn die bei der Steak-Produktion beteiligten Menschen gerechte Entlohnung erhalten, aber die Rinder auf engstem Raum zusammengepfercht sind?

Die Faktoren, die zu einem wirklich gerechten Konsum führen, sind vielfältig: Da wäre zunächst das Bewusstsein. Dass ein Fair Trade-Siegel nicht zwingend für artgerechte Tierhaltung steht, ist nicht jedem klar. Doch selbst wenn man Menschen mitteilt, dass gewöhnlicher Etiketten-Leim nicht vegan ist, so folgt daraus nicht zwangsläufig die Bereitschaft, anderen Leim zu verwenden. Die Kunden von Premium-Cola haben sich genau das gewünscht – und die Hersteller haben es umgesetzt.

Weniger Geld = Höhere Hilfsbereitschaft?

Anders als man denken könnte, bedeutet allerdings weniger verfügbares Geld nicht automatisch, dass auch weniger für gute Zwecke aufgewendet wird: Zu diesem Schluss kamen Forscher der University of California in Berkeley im Jahr 2011, wie die Frankfurter Rundschau berichtet. Haushalte mit einem Jahreseinkommen von unter 25.000 US-Dollar spendeten demnach 4,2% ihrer finanziellen Mittel, bei Haushalten mit einem Einkommen von wenigstens 100.000 US-Dollar waren es hingegen lediglich 2,7%. Diese Beobachtung lässt sich auf gerechten Konsum übertragen: Die Hilfsbereitschaft bei einkommensschwächeren Menschen sei generell höher, erklärt Psychologie-Professor Dacher Keltner der Zeitung. Dabei handele es sich nicht um reinen Idealismus, Hilfe sei schlicht eine Notwendigkeit. Zudem falle es Menschen mit weniger Geld häufig leichter sich in die Situation Hilfsbedürftiger zu versetzen.

Für das Marketing profitorientierter Unternehmen wird so eine Doppelstrategie notwendig: Einerseits gilt es den Aspekt der sozialen Verantwortung anzusprechen, um Menschen mit hohem Bewusstsein zu erreichen, die ihre Budgetgrenzen ausreizen. Andererseits ist der Markt damit keineswegs durchdrungen, schließlich gibt es noch jene, deren Bewusstsein weniger ausgeprägt ist, die aber für ein differenziertes Produkt durchaus bereit sind höhere Preise zu bezahlen. Hier kann eine klassische Differenzierungsstrategie zum Erfolg führen.

Doch alternativlos ist das nicht, wie Premium-Cola zeigt. Zweifelsohne wird es einer Brause kaum gelingen, die Welt zu verbessern. Zumindest aber will das Unternehmen einen Beitrag leisten, die Welt nicht schlechter zu machen. Wenigstens in diesem Einzelfall scheint das zu gelingen, wo es gesamtwirtschaftlich wohl eher eine Utopie bleibt.

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