Ironie, Kritik und ein Hauch von Wahnsinn.

Wenn’s zum Landrat nicht reicht, werd‘ ich eben Ministerpräsident

Tobias Hans hat es 2015 nicht geschafft, Landrat im Kreis Neunkirchen zu werden. 2018 wird er voraussichtlich Ministerpräsident des Saarlandes. Ob das dem Wunsch der Bevölkerung entspricht, ist zumindest fraglich.


3.419. So viele Stimmen fehlten Tobias Hans am 22. November 2015, um Landrat von Neunkirchen zu werden. Gut möglich, dass er sich heute freut, die Wahl damals nicht gewonnen zu haben. Voraussichtlich Mitte März nämlich wird Hans zum Ministerpräsidenten des Saarlands gewählt.

Für viele ist das sicher nicht der wichtigste Posten, der in der Bundesrepublik zu vergeben ist. Es ist aber eben doch eine ungleich wichtigere Position als die des Landrats im Kreis Neunkirchen. Wer nun glaubt, dass 3.419 Stimmen ja nun wirklich keine große Differenz sein, dem sei mitgeteilt, dass der Landkreis Neunkirchen (der außerdem das Wort Stichwahl ohne [[t]] schreibt) insgesamt 28.781 Stimmen für die Wahl ausweist. Mit 55,9 Prozent, die Hans Gegenkandidat Sören Meng bekam zu 44,1 Prozent ist das keine herbe Niederlage – aber es ist doch eine Niederlage.

Nun ist es absolut keine Schande eine solche Wahl zu verlieren – gerade als CDU-Kandidat. Schließlich war das letzte Mal 1985 ein CDU-Politiker als Neunkircher Landrat in Amt und Würden. Damals war Tobias Hans gerade sieben Jahre alt. Etwas Irritierender ist hingegen das Prozedere nach der verlorenen Wahl gewesen: Zwei Tage nach der Niederlage stieg Hans in der Landtagsfraktion, der er seit 2009 angehört, zum Fraktionsvorsitzenden auf. Schon hier also hat dem Politiker die Niederlage unmittelbaren Nutzen gebracht. Immerhin: Mit den Landtagswahlen 2017 hatten die Wählerinnen und Wähler ihre Chance, die Zustimmung oder Ablehnung zu Hans wenigsten indirekt kundzutun. Er schaffte es über die Liste wieder in den Landtag und amtiert weiter als Fraktionsvorsitzender. Direktmandate sieht das saarländische Wahlsystem nicht vor, sodass eine unmittelbare Wahl oder Abwahl der Person Tobias Hans unmöglich war.

Jetzt, wo es Annegret Kramp-Karrenbauer als amtierende Ministerpräsidentin in die Bundespolitik wechselt, soll Hans den Posten als Ministerpräsident übernehmen. Das ist rein rechtlich absolut unproblematisch, gerade weil Ministerpräsidenten ja eben nicht direkt durch das Volk gewählt werden. Und doch hat es einen schalen Beigeschmack: Als Spitzenkandidatin ist nun einmal Kramp-Karrenbauer angetreten. Nicht einmal ein Jahr nach der Wahl ist sie nun wieder weg, Tobias Hans könnte bei erfolgreicher Wahl und funktionierender koalitionärer Zusammenarbeit somit bis 2022 im Amt bleiben. Gut möglich, dass das Wahlergebnis 2017 mit ihm als Spitzenkandidat nicht bedeutend anders ausgesehen hätte. Anders als den Landratsposten im Kreis Neunkirchen hat die CDU auf Landesebene im Saarland zumeist den Ministerpräsidenten gestellt. Und doch war eben nicht Hans der Spitzenkandidat.

Bei der Landratswahl 2015 hat Hans übrigens die Neuwahl gegenüber der Saarbrücker Zeitung zur Chefsache erklärt – und gleichzeitig mitgeteilt, dass die Neuwahlen möglichst schnell abgehalten werden sollten. Sicherlich ist die Situation nicht unmittelbar zu vergleichen, weil bei einer Direktwahl die zwingende Folge Neuwahlen sind, während bei koalitionärer Einigkeit im Landtag ein neuer Ministerpräsident gewählt werden kann und darf. Aber einen so vom Volk nicht gewählten Politiker mal eben gute vier Jahre ins Amt des Ministerpräsidenten zu werfen, ist zumindest nicht die günstigste aller Konstellationen, vor allem nicht in Anbetracht der Vorgeschichte. Abgewandelt könnte man hier Hans Zitat von 2015 also doch benutzen: [[Je früher die Wahl, desto besser für das Saarland und seine Menschen.]]

© Birgit H. / pixelio.de