Zugegebenermaßen, die Wahl zum Wort des Jahres 2010 ist schon einige Zeit vorbei. Dennoch fällt mir dabei doch so einiges an paradoxem auf.


Zunächst einmal erscheint mir „Wutbürger“ nicht unbedingt ein Wort zu sein, dass die Debatten beherrscht hat. Ich für meinen Teil, habe das Wort mit seiner Kürung zum ersten Mal gehört. Die Intention des Preises, genau jenes Wort auszuzeichnen was den politischen Duktus bestimmt hat scheint mir hier also nicht getroffen. Außerdem finde ich darf zumindest bezweifelt werden, ob der Begriff überhaupt auf das passt, was er beschreiben soll. Den natürlich kann man sagen, die Argumentation der Gegner von Stuttgart 21 kommt zu spät und ist unangemessen. Aber meines Erachtens wird mit diesem Begriff kaschiert, dass der Protest auch oft wohlbegründet ist und nicht wie suggeriert auf bloßer Wut basiert. Und, so sich die neue politische Kultur auch in der Wahlbeteiligung niederschlägt, kann sie sogar sehr positiv sein. Ob und wenn ja auf welche Art und Weise sie dass tut, lässt dabei jedoch zumindest fürchten, dass wir keinen erfolgreichen Wandel erleben.
Vom speziellen aber möchte ich dann aber auch noch auf’s allgemeine kommen. Denn im Ganzen denke ich, dass die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zeigt, wie negativ wir insgesamt eingestellt sind. Dass das Unwort des Jahres jeweils einen negativen Touch besitzt, mag ja akzeptabel und notwendig sein. Dass aber seit Jahren auch das Wort des Jahres nur allzu selten positive Assoziationen mit sich bringt, ist es dann aber nicht mehr. Das letzte freundlicherer Wort in der Liste der Wörter des Jahres stammt aus dem Jahr 2006. Die Fanmeile spiegelt hier die allgemein positive Stimmung des Landes, die offensichtlich nicht in die folgenden Jahre getragen wurde – zumindest nicht wenn man die GfdS fragt. In der Listen folgen nämlich Klimakatastrophe, Finanzkrise, die viel kritisierte Abwrackprämie (hier noch am ehesten positiv) und eben Wutbürger.
Dass es zumindest positiver geht zeigt das Jugendwort des Jahres, dass allerdings auch nicht von der GfdS gewählt wurde. In der Liste der seit 2008 gewählten Worte Gammelfleischparty, hartzen und Niveaulimbo findet sich allerhand Ironie. Auch wenn die Benutzung der Worte inflationär auch erst nach der Preisverleihung anzutreffen ist. Aber zumindest ein Nörglerland sind wir nicht – zumindest nicht komplett. Die Jugend bleibt optimistisch.