Die Entscheidung der bis dato unbekannten Elke Twesten von den Grünen zur CDU zu wechseln, scheint von Karriereüberlegungen geprägt. Wie schwierig es für Regierungen ist, auf so dünne Mehrheiten zu setzen zeigt der Vorfall aber auch. Alternativen bleiben dennoch kaum. Vielleicht sollte man sich also ausnahmsweise Ralf Stegner als Vorbild nehmen.

Eines ist Elke Twesten gelungen: Die bis dato unbekannte Landtagsabgeordnete von Niedersachsen ist plötzlich bundesweit im Gespräch. Immerhin hat sie mal eben die niedersächsische Regierung zu Fall gebracht, die auf der dünnen Mehrheit von einer Stimme fußte. Gleichzeitig gab die für die Grünen in den Landtag eingezogene Dame ihren Eintritt in die CDU bekannt. Sie sei schon seit längerem eine Anhängerin von Schwarz-Grün, gab die Politikerin zu Protokoll.

Gut, es ist keine Überraschung, dass es auch Grüne gibt, die eine Neigung in Richtung schwarzer Politik haben, in Baden-Württemberg geht das ja sogar ganz gut. Und schaut man sich Boris Palmer an, dann schaffen es Grüne Politiker sogar rechts der CDU nach Wählern zu fischen. Dass aber die Grünen in Niedersachsen nach diesem Debakel noch besonders offen für die Christdemokraten sind darf bezweifelt werden.

So ein Mändatchen wäre schon okay…

Denn was da in dem Land passierte, ist ein recht offensichtlicher Anfall von Karrierismus. Irgendwie doof, dass das bei den Grünen als Abgeordnete nicht mehr klappt weil jemand anders den Vorzug erhalten hat, aber wer weiß, vielleicht kann man ja bei der CDU noch ins Europaparlament oder später in den Bundestag. Kaum vorstellbar, dass da in den letzten Monaten seit der grünen Kandidatenkür im Mai nicht etwas ausgedealt wurde. So ein Mandätchen könne sich Twesten jedenfalls vorstellen. Konkrete Angebote gäbe es allerdings nicht, erklärt die Ex-Grüne.

Andererseits ist das was da in Niedersachsen passiert, ein Risiko, das jede Landesregierung eingeht, die auf eine so dünne Mehrheit baut. Auch der schwarz-gelben Regierung in Nordrhein-Westfalen könnte dieses Schicksal drohen. Auch hier muss nur ein Abgeordneter die Fronten wechseln, damit Ministerpräsident Laschet ins Schwitzen geriete. Das kann schon einmal passieren, aus den unterschiedlichsten Motiven. Nun ist es natürlich schwierig Koalitionen zu finden, zumal die AfD die Prozesse der Mehrheitsfindung in den Parlamenten nicht einfacher gemacht hat.

Ich kann den rot-grünen Gram also tatsächlich verstehen, auch wenn ich es absurd finde, wenn Manuela Schwesig als Ministerpräsidentin im Nachbarland ihren Amtskollegen  für seine konsequente und souveräne Entscheidung lobt, Neuwahlen ansetzen zu wollen.

 

Denn ganz ehrlich, nachdem die CDU ihm den Ball zugespielt hat – was hätte Weil tun sollen? Einfach ohne Mehrheit weiter im Amt bleiben und das Land bis zum regulären Wahltermin im Januar brachliegen lassen?

Forderungen nach Mandatsrückgabe? Auch nachvollziehbar.

Von CDU-Seite aus war die Entscheidung strategisch wohl sinnvoll, eben nicht die neu erstandene Mehrheit zu nutzen, um flott eine schwarz-gelbe Regierung zu bilden. Denn das Spannungsfeld ist natürlich ein schwieriges: Das Mandat ist frei, keine Frage. Allerdings wurde Elke Twesten über die Landesliste gewählt, nicht als Direktkandidatin. Somit wurde nicht sie als Person gewählt, sondern die Grüne Partei. Wenn sich das Verhältnis zur Partei ändert, ist es nachvollziehbar diese verlassen zu wollen.

Auch nachvollziehbar sind Stimmen aus der Partei, die dann die Rückgabe des Mandats fordern, vor allem genau dann wenn ein Kandidat über die Landesliste ins Parlament rückte. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass ein Politiker zwangsläufig sein Mandat zurückgeben muss, auch wenn er als Listenkandidat seine Partei verlässt. Eine Regierung auf dieser Basis zu bilden bedarf aber meiner Meinung nach besonderer Umstände, die ich in dem Fall nicht sehe. Ein bisschen Zoff um eine nicht erhaltene Position reicht da meiner Meinung nach nicht. Unabhängig von rechtlichen Erwägungen – was die juristische Perspektive anbelangt hätte auch ein Misstrauensvotum gegen Weil und die Bildung einer schwarz-gelben Koalition kein Problem ergeben – hat Twesten der Glaubwürdigkeit ihrer selbst wohl keinen Gefallen getan. Aber gut, in einer Partei, die einen Mann zum Bundesfinanzminister macht, der eine brisante Rolle in der Spendenaffäre um Walter Schreiber gespielt hat, ist es damit vermutlich eh nicht mehr so weit her.

Vielleicht also sollte man sich – ausnahmsweise – mal ein Vorbild an Ralf Stegner nehmen. Der twitterte nach kurzem Statement nämlich nicht mehr politisch sondern schaltete ab und postete den ganzen Abend Bilder vom Roger Hodgson Konzert:

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